„Ich hoffe, dass gerade atmosphärische Musik dazu anregen kann, zu spekulieren und zu träumen.“ – Hunt im Interview

Am 5.1. erscheint mit der EP „Whispher: Wisps of Time“ (Plot Toy) bereits der dritte Release des als Hunt aktiven Wiener Produzenten und AMEN-Labelbetreibers. Darauf zu hören sind atmosphärisch-immersive Tracks, die uns in die Sphäre der Erinnerung katapultieren wollen. Während die EP von Marcel Proust’s „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ inspiriert ist, befasst Hunt sich auf seinem einige Monate zuvor erschienenen Album „We Meet In Reverie“ (unseelie) mit Tagträumen, die er musikalisch verarbeitet. Wir haben mit ihm über die therapeutischen Effekte des Musikmachens, immersive Sounds, virtuelle Sphären und Zeitreisen gesprochen.
07.01.2023
Interview: Shilla Strelka, Photography: Milica Balubdžić

Stimmt es, dass du begonnen hast zu produzieren, als Covid losgegangen ist?  

Ich habe davor schon mit Samples und Effekten herumgespielt und vor allem auch in Richtung Ambient einiges produziert. Aber das waren eher kurze Annäherungsversuche. Während den Lockdowns habe ich mich zum ersten Mal mit Musikproduktion auseinandergesetzt, mit dem Ziel etwas herauszubringen.

Dein erster Release war „Inalienable Lights of White Tomorrows“. Das ist eigentlich ein Shoegaze Album, in dem Gitarre, Schlagzeug und Synth auftaucht. Hast du alle Spuren selbst eingespielt bzw. ist das digital produziert? Da hat sich ja ziemlich was angestaut in dir, das rauswollte.

Die Gitarre, Schlagzeug etc. sind MIDI-basiert eingespielt worden, die Drums wurden von Dun designed. Durch die forcierte Ruhe und Entschleunigung durch Covid hat sich einiges an angestauter Energie durch die Musik entfacht. Ich glaube das erklärt auch den Richtungswechsel im letzten Jahr — da sich alles angefangen hat wieder normaler anzufühlen, ist auch mein Sound wieder ruhiger geworden.

D.h. es gibt ein therapeutisches Moment bei dir als Musiker?

Ja, für mich ist Musik sogar primär ein Ventil. Ich strebe damit keine ernsthafte Berufung an, oder träume davon, auf großen Stages zu spielen. Ich freue mich aber natürlich, wenn sich daraus etwas ergibt.

Setzt das beim Produzieren schon ein, oder erst dann sorichtig, wenn du die Sounds in die Welt rauslässt, es also ein Gegenüber gibt?

Beides spielt seinen Part. Das Produzieren ist der wichtigere. Da setzt man sich mit gewissen Themen auseinander, introspektiert. Die Sounds in die Welt rauszusetzen kann sich befreiend anfühlen, und das Feedback bei der weiteren Reflexion helfen, aber als essentiell sehe ich es nicht an. Ich habe in diesem Jahr wahrscheinlich über 50 Tracks produziert, die nur enge Freunde zu hören bekommen.

Was hat es mit deinem Moniker auf sich? Was bedeutet ‚Hunt‘ für dich? 

Ich stehe immer schon auf kurze Namen — siehe Amen —, und finde es oft schwer mich mit Wortneuschöpfungen zu identifizieren. Der Name hat für mich keinerlei Verbindung zur Jagd an Tieren, was manche Leute womöglich denken, sondern soll eher die abstraktere Bedeutung von “jagen” – also das Suchen und Verfolgen von etwas widerspiegeln. Ich denke, dass jeder Release etwas von einer kleinen Jagd hat.

Zurück zu deinem ersten Release: der ist auf deinem Label AMEN erschienen, das internationale und lokale Acts aus dem als Post-Club definierten Spektrum herausgebracht hat. Ist das Label noch aktiv?  

Das Label befindet sich in einem Zwischenstadium. Es gab einige Überlegungen und auch schon Aktionen meinerseits es zu relaunchen, in einem zeitloseren und analogeren Format, aber mir fehlt gerade die Zeit dafür. Das Label sucht derzeit nicht aktiv nach spannenden, neuen Musiker:innen und Releases, aber dient noch immer als Plattform für v.a. für lokale Musiker:innen. Anfang 2023 wird es auch einen Wiener Release geben.

Dein im Mai erschienenes Album „We Meet in Reverie“ ist auf dem New Yorker Label unseelie erschienen. Wie hast du die Leute kennengelernt? Über AMEN? 

Indirekt ja. Ich habe zusammen mit Dasychira und QUALIATIK, die das Label gegründet haben, vor mehreren Jahren in Wien in einem Club gespielt. Daraufhin waren sie auch zu Gast bei meiner damaligen Radioshow ‘Palmless’ auf Radio Orange. Wir haben uns sehr gut verstanden und ich habe den beiden auch über mein geplantes Musikprojekt als ‚Hunt’ erzählt. Sie waren, denke ich, neben M.E.S.H. die ersten die diesen Alias kennengelernt haben. Daran habe ich mich bei der Labelsuche erinnert, und sie daraufhin kontaktiert.

Deine EP „Whisper: Wisps Of Time“ wird am 5.1. via Plot Toy released, einem in Wien stationierten Label, das von Chris Attila Izsák und Juan Francisco Vera betrieben wird. Wie kam es dazu? 

Da ich schon eine EP auf AMEN released habe und das Label auf Stand-By war, suchte ich nach neuen, kleineren aber spannenden Labels für meinen nächsten Release. Dabei kam ich mit mehreren Labels ins Reden. Mir ist jedoch aufgefallen, dass mir der Bezug zu diesen, außerhalb von Wien positionierten Labels gefehlt hat. Bei unseelie gab es ja schon irgendwo eine Connection. Daher habe ich mich doch entschieden mit jemand Lokalem zu arbeiten. Chris und ich haben auch schon zusammen musiziert und uns öfter mal über Musik und das Environment ausgetauscht, daher war Plot Toy sehr naheliegend.

Ich mache Musik weil es mir Spaß macht, mich therapiert, und weil es ein Ventil für meine irrationale Seite ist.”

Ich kann mir die EP gut als Fortsetzung des Albums vorstellen. Es bedient eine ähnliche Palette an Klangfarben und Harmonien, Atmosphären.

Ja, den ersten Track, ‘2908 (As If Enchanted Lives In Me)’ habe ich einen Monat nach dem Album in einer stundenlangen Session fertig gemacht. Ich denke viele Produzent:innen fokussieren sich nach einem Release auf Live-Konzerte und sonstige Gigs, die im Zusammenhang mit dem Release stehen. Ich war mir damals einerseits nicht sicher, ob ich Konzerte überhaupt anstreben will, und andererseits habe ich keinen finanziellen Druck, der mich in diese Position zwingen würde, da Musiker zu sein nicht mein Beruf ist. Ich mache Musik weil es mir Spaß macht, mich therapiert, und weil es ein Ventil für meine irrationale Seite ist. So gab es für mich auch keine strategischen Pausen oder sonstiges in diese Richtung. Es ging eigentlich gleich weiter mit dem Produzieren. Ich glaube, dass ich mit ‘2908’ die Quintessenz des Albums eingefangen und poliert habe. Es dient auf jeden Fall als eine Brücke zwischen dem Album und meinem neuen Release.

Welches Equipment kommt denn bei dir zum Einsatz?

In meinen ersten beiden Releases habe ich viel mit analogen Synthesizern gearbeitet. Bei dem letzten Release habe ich sehr viel mehr digital produziert, dabei verwende ich Ableton und diverse Plugins.

Sowohl deine LP als auch deine EP kreisen um Erinnerung und Träume, also die virtuelle Sphäre, die sich von der gelebten Realität, der Aktualität ablöst. In „Whisper“ beziehst du dich auf Marcel Proust, auf Gedächtnis und Erinnerung und in „We meet in Reverie“ geht es um Träume, Tagträume, also eigentlich Proust nicht unähnlich. In dem Zusammenhang interessant ist, dass Mark Fisher bestimmte Ambient-Musik als hauntologisch identifiziert. Da geht es stark um Erinnerungssphären, nämlich auch dass diese atmosphärischen Sounds dabei helfen, in diese Sphären zu gelangen. Was reizt dich an diesen Ebenen des Bewusstseins? 

Ich verbinde Musik immer schon mit diesen Ebenen. Wenn ich einen Song richtig, richtig gut finde, dann ermöglicht er mir einfaches Tagträumen. Vielleicht finde ich auch Songs, die mir das ermöglichen richtig, richtig gut. Ob Henne oder Ei, es hat Sinn für mich gemacht dieses Phänomen in meiner eigenen Produktion zu erkunden. Was ich z.B. bei Proust ganz spannend finde, ist die ‘Madeleine Episode’, in der der Hauptcharakter in diesen Kuchen beißt und plötzlich in eine Welt seiner vergessenen Erinnerungen katapultiert wird, die er mit diesem Geschmack assoziiert. Genau so verbinde ich Musik mit Erinnerungen, die in Tagträumen durch die Musik eine neue Repräsentation oder Interpretation erhalten können und manchmal ohne diesen auditiven Trigger auch einfach irgendwo im Unterbewusstsein unentdeckt blieben. Gesang, Melodie, Töne: Musikalische Elemente werden zu abstrakten Speichermedien für Emotionen und Erinnerungen. Mit meinem Album habe ich versucht diesen Prozess umzukehren, und meinen Tagträume einen OST zu verpassen.

„Ich denke, dass Mark Fisher’s Konzept der ‘Lost Futures’ (…) in der Musik meiner Generation mitresoniert.“

Welche Rolle spielt das Zukünftige? Dein Sound fühlt sich irgendwie nach Fisher’s „Lost Futures“ an. Ist das Zeitgeist?

Ich denke, dass sich sein Konzept der ‘Lost Futures’ für meine Generation gerade in den letzten Jahren immer mehr als Realität herauskristallisiert hat und in irgendeiner Form in der Musik meiner Generation mitresoniert. Für mich spielt es eine große Rolle. Die Hoffnungen und Träume der Zukunft formen auch oft die Erinnerungen an das Vergangene. Heidegger spricht vom ‘Sein-zum-Tode’, der Relation zwischen dem Dasein und dem Bewusstsein dessen Todes, und wie dieses Bewusstsein eines zukünftigen Ereignisses unser Leben zeichnet und eigentlich schon immer präsenter Teil davon ist. Gerade Jugendliche werden zurzeit zusätzlich mit einer düsteren Zukunft für sie – dem Tod des Planeten – konfrontiert, und ich kann mir kaum vorstellen, dass man so etwas Monumentales nicht im kreativen Output zu spüren bekommt. Diese Angst schwingt mit im Dasein.

Deine Sounds haben etwas Abgründiges. Es steckt viel Melancholie drinnen — Fisher spricht in „Ghosts of My Life“ ja auch viel über Melancholie — Einsamkeit vielleicht, das Gefühl von Isolation.

Ich denke gerade in meinen ersten Produktionen waren Isolation und Einsamkeit Pandemie bedingt ein großes Thema. In den letzten Releases entsteht dieses Gefühl aber, vermute ich, eher daraus, dass meine Musik unterschwellig Intimität kommuniziert. Anstatt heartbroken Lyrics sind in meiner Solo-Arbeit weniger offensichtliche Ausdrücke von Emotionen zu finden – in Melodien, Loops und manchmal auch einem einfachen Rauschen, bevor der Bass rein kickt. Mir als Hörer gibt das oft ein Gefühl von Melancholie und Einsamkeit, vielleicht weil man eher eine unterbewusste Verbundenheit zu den Tracks herstellen kann, und so wieder mit seinen eigenen Interpretationen alleine ist. Aber irgendwo ziele ich natürlich auch darauf ab, dass meine Musik bestimmte Emotionen auslöst.

Auf dem Cover von „We Meet in Reverie“ sind zwei Figuren zu sehen. Beide haben lange, deckenartige Tücher über den Kopf gezogen. Es wirkt als wären sie alleine auf der Welt, nur schlecht geschützt gegen die Kälte um sie herum. Ein sehr starkes, assoziatives Bild. Warum hast du dieses Artwork ausgewählt?  

Ich habe das Motiv fürs Cover zusammen mit der Illustratorin Vera Davidovic entworfen. Eigentlich hatten wir nach meiner Beschreibung des Albums einfach dieselbe Idee, ohne uns gegenseitig beeinflusst zu haben. Der Albumtitel soll ja ein Treffen in einer Traumwelt wiedergeben. Die Idee von zwei Vertrauten war da, der Rest ist sehr intuitiv entstanden.

„(D)as Cover und die Titel sind für mich fast genau so wichtig wie die Musik.“

Du arbeitest ja auch als Grafiker. Inwiefern hängt das Artwork mit den Sounds zusammen? 

Ich habe früher vor allem in der Musikbranche einiges an Freelance-Grafik gemacht, und auch viele AMEN Cover designed. Ich würde aber nicht sagen, dass ich mich noch damit identifizieren kann. Ich sehe Releases immer als Gesamtkonzept — das Cover und die Titel sind für mich fast genau so wichtig wie die Musik. Ich kenne einige Alben, die sich nochmal richtig anders anfühlen und sogar anhören, wenn ich sie mit dem Cover vor mir liegen habe.

Bei dir greifen diese Ebenen stark ineinander: die Grafik, der Sound, die Titel ergeben ein Ganzes, das über sich hinausweist. Es hat etwas von Konzeptkunst. Hast du Bilder im Kopf, wenn du produzierst?

Ich bin ein extrem visueller Denker. Musik ist dadurch für mich immer mit etwas Grafischem verbunden, egal ob als Produzent oder Konsument.

„Reality Is a Broken-Winged Bird“, ein Titel auf deinem Album, finde ich sehr bezeichnend. Das drückt auch eine Perspektivlosigkeit aus. Die Zeit läuft weiter, aber es gibt keine Zukunft.  

Für mich hat der Titel etwas von beidem – Perspektivlosigkeit, aber auch etwas Hoffnungsvolles. Ich selbst tue mir oft schwer im Moment zu leben, das erklärt wahrscheinlich auch warum ich mich musikalisch mit den genannten Themen auseinandersetze.

„Das Produzieren hat mir geholfen, meine Gefühle zu ordnen.“

Du hast aber auch dieses Zukünftige, Sci-Fi artige, Zukunftsvisionshafte drinnen, auch in Tracktiteln wie „2908“. Also es geht nicht nur um Vergangenheit und Erinnerung. Im Prinzip könnte die Musik auch ein Soundtrack für ein Sci-Fi-Movie sein.  

Der Titel “2908” kommt eigentlich vom Datum ohne Jahr, also 29.08. In der Nacht habe ich den Track in einer stundenlangen Session ohne Pausen produziert, in einem sehr aufgewühlten Zustand. Das Produzieren hat mir geholfen, meine Gefühle zu ordnen. Da der Track meinen innerlichen Zustand dieses Datums einfängt, wollte ich es so im Titel einbrennen, wie Leute das Datum an dem sie zusammengekommen sind, in ein Schloss ritzen und auf einer Brücke verewigen. Nächstes Jahr an diesem Tag will ich den Track nochmal hören und bin gespannt, was das in Bezug zu den damaligen Emotionen auslösen wird. Zurück zum Thema: Ich denke die spekulativen Elemente von Sci-Fi Literatur und Film, und sogar Musik — ich denke da z.B. an Hans Zimmer, der sich für ‘Dune’ vorstellen musste, wie Musik in der Zukunft klingen könnte — sind allgemein eine Inspiration für mich.

„(G)erade in den Pandemiejahren haben wir (…) eine ziemliche Innovationsflaute durchlebt“

D.h. dich interessieren auch ‚zukünftige‘ Sounds. Möchtest du als Produzent auch etwas vorantreiben? 

Ja, obwohl in meiner Musik meine irrationale und emotionalere Seite zur Geltung kommt, bin ich die meiste Zeit ein sehr analytischer und rationaler Mensch, für viele ein Nerd. Ich finde es spannend, wie technologischer Fortschritt Musik formt, und was für Sounds daraus entstehen werden. Es wird einerseits immer leichter, elektronische Musik zu produzieren, Software automatisiert so ziemlich jeden Bereich der Musikproduktion, andererseits wird es genau dadurch noch schwieriger sich abzuheben und innovativ zu sein. Ich finde gerade in den Pandemiejahren haben wir mit dem hauntologischen Y2K Revival eine ziemliche Innovationsflaute durchlebt. Ich hoffe, dass das restliche Jahrzehnt uns mit etwas neuem überrascht.

Das Album ist im weitesten Sinn Ambient, d.h. du arbeitet stark mit Atmosphären und Stimmungen. Deine Musik hat einen stark emotionalen Effekt, der, denke ich, daher kommt, dass du deine eigenen Emotionen zum Ausdruck bringst. Du beweist dadurch auch Mut zu Verwundbarkeit. Progressive elektronische Musik war lange Zeit körperlich oder analytisch-verkopft, tendenziell unemotional, wenn sich das so sagen lässt. Das hat sich seit einiger Zeit geändert. Auch mit Genres wie Post-Club, bei dem es oft um Identität und Subjektivität geht und es also auch viel persönlicher wird. Mittlerweile übersetzen viele Acts emotionale Konflikte, generell Empfindungen in zeitgenössische, elektronische Sounds und gestehen sich auch eine gewisse Sensibiltät zu. Auch melancholische Stimmungen werden immer öfter aufgegriffen. Hast du eine Erklärung dafür?

Ich glaube, dass die Gesellschaft sich in den letzten Jahren vergleichsweise zu den pre-2000ies viel mehr mit Verwundbarkeit, Offenheit und Bewusstsein auseinandergesetzt hat. Diese Strömungen sieht man in allen kulturellen und sozialen Bereichen. Vor allem die Corona Pandemie hat das Thema Verwundbarkeit und Mental Health sehr normalisiert. Gleichzeitig wird es auch immer leichter, kreativen Output zu haben und zu teilen. Statt weinend unter der Dusche zu singen, recorded man heutzutage lieber etwas im Bedroom-Studio und teilt es unter Pseudonymen auf den sozialen Medien. Dieses “in die Welt setzen” kann einen sehr therapeutischen Effekt auslösen.

Dein Video „For C“ hat etwas Dystopisches. Wastelands und das Kreuz am Schluss oder Plus, mit der Taube und dem Strahlenkranz. Ist deine Musik aber auch so etwas wie Music for Healing? Soll sich eine Art Selbsthilfegruppen-Effekt entfalten? Es ist das Lebensgefühl einer Generation vielleicht? 

Für mich sind viele meiner Tracks in diesem Sinne auch Hoffnungsträger. Würde ich nur eine düstere Zukunft vermitteln wollen, würde ich mich in anderen Genres austoben. Ich hoffe dass gerade atmosphärische Musik dazu anregen kann, zu spekulieren und zu träumen. Aber produzieren mit einer ‘Mission’ im Hinterkopf tue ich nicht. Das Konzept erarbeite ich für mich selbst und hoffe, dass jemand anderes dann etwas damit anfangen kann.

Beide Releases sind sehr immersiv. Sie spinnen mich ein, nehmen mich mit, entfalten Narrative. Sie wirken assoziativ, konkret: kalt, düster, melancholisch, weltabgewandt, erschöpft. Wie entwickelst du ein Album? Wie entwickelst du das Gesamtkonzept?

Da gibt es kein wirkliches Rezept dahinter. Oft entfaltet es sich langsam, über Wochen hinaus in meinen Gedanken. Natürlich spiegeln die Themen der Releases wider, mit was für Fragen und Emotionen ich mich in der Zeit auseinander gesetzt habe. Das ist vermutlich der Hauptantrieb dahinter.

„Ich persönliche höre (…) fast ausschließlich entschleunigende Musik, als Gegenpol zur akzelerierenden digitalen Welt, die uns den ganzen Tag begleitet.“

Im Begleittext zu „Whisper“ wird auf einige Genres referiert. Ich hab mich gefragt, was diese Genres eint: Ambient, Drone, Classical, Trance, Shoegaze and Witch House. Ist es nur dein Geschmack, oder könnte das mehr sein? Die Abstraktion und das immersive Moment auf jeden Fall. Fällt dir noch etwas ein? Die Geschwindigkeiten. Alle diese Genres außer Trance sind entschleunigt oder entschleunigen. Würdest du das in Bezug zu unserer digitalen Umgebung setzen? 

Ich habe darüber noch nie so bewusst nachgedacht, aber das Tempo ist ein guter Punkt. Vor allem sind die Trance Elemente die mich interessieren eher die Nostalgie des Klangs und der Melodien, und nicht der treibende Bass oder der schnelle 4×4 Beat. Ich persönlich höre in den letzten Jahren in meiner Freizeit fast ausschließlich entschleunigende Musik, als Gegenpol zur akzelerierenden digitalen Welt, die uns den ganzen Tag begleitet. Ich glaube auch, dass bestimmte Tempo-Ranges besser und schlechter geeignet sind für diesen therapeutischen Effekt. Je nachdem was man verarbeitet.

Am 14.1. kann man dich im Werk hören. Was dürfen wir erwarten?

Ich werde auf jeden Fall das Album und meine neue EP mitbringen und vermutlich auch ein paar unveröffentlichte Sachen spielen. Da es mein erster Auftritt als Hunt ist, wird es auf jeden Fall eine neue Erfahrung für mich und hoffentlich auch für die Zuhörer:innen spannend.

Vielen Dank für das Gespräch!